K2.

Der K2. Hinter diesem technischen Namen verbirgt sich einer der berühmtesten Achttausender, er ist der zweithöchste Berg der Welt. Ein Berg, der denen, die ihn besteigen wollen, extrem viel abverlangt. Der Bergsteiger Hans Kammerlander erzählt gemeinsam mit dem Journalisten Walther Lücker nun die Geschichte dieses Berges. Unter dem Titel „K2, der härteste Berg der Welt“ berichten die beiden über die ersten Vermessungsversuche, fehlgeschlagene und erfolgreiche Expeditionen und die Kontroversen, für die dieser Berg immer wieder sorgt.

Hans Kammerlander war am 22. Juli 2001 am K2. Kein Berg habe ihm so viel abverlangt, sagt er. Der Anziehungskraft der Berge erliegt er schon früh, als Bub am elterlichen Hof in Südtirol. Der Hausberg, der 3.059 Meter hohe Große Moosstock wird von ihm schon als Achtjähriger erklommen.

Zitat: Heimlich folgte er einem deutschen Ehepaar, das ihn nach dem Weg gefragt und neugierig gemacht hatte. Als ihn die beiden Erwachsenen oben entdeckten, wie er unweit vom Gipfelkreuz hinter einer der schwarzen Felsplatten kauerte, bekam er nicht die erwartete Ohrfeige, sondern einen rotbackigen Apfel.

Die Leidenschaft ist geweckt. Hans Kammerlander – der verrückte Extrembergsteiger, der am liebsten mit den Skiern von allen Achttausendern abgefahren wäre – steuert in diesem Buch sehr persönliche Texte bei. Erzählt von seiner Liebe zu den Bergen, von Verlusten und Schuldgefühlen, von Euphorie und Ernüchterung. 

Nach dem ersten Kapitel, das den K2 als Sehnsuchtsberg vorstellt, gleichzeitig bizarr, schön und bedrohlich, geht es zunächst einmal um die ganz frühe Alpingeschichte. Erste Vermessungen des Geländes finden um 1850 statt, sie sind die Grundlage für alle weiteren Expeditionen: Mutige Männer und Frauen, die sich monatelang auf schwierigsten Pfaden bewegen, um das Gebirgsmassiv Karakorum, zu dem der K2 gehört, zu begreifen. „Alle sehr hoch“, notiert der Brite Thomas George Montgomerie beim Anblick der 35 Gipfel. 

Immer näher kommen die Expeditionen aus aller Welt dem K2, doch vor allem die Höhe macht die Menschen krank, sie leiden an Durchfallserkrankungen, Migräne, Schlaflosigkeit. So manche Seilschaft muss unverrichteter Dinge umkehren. 1902 wird der Berg als unbezwingbar erklärt. Doch das ist er nicht. 1954 erreichen die Italiener Achille Compagnoni und Lino Lacedelli den Gipfel. 

Zitat: Als Lacedelli und Compagnoni an diesem 31. Juli 1954 – es war ein Samstag – gegen 18 Uhr, Seite an Seite, Hand in Hand, den Gipfel erreichten, waren sie so ziemlich am Ende ihrer Kräfte. Doch sie sahen dieses einzigartige Panorama in allen Richtungen. Eine unglaubliche Woge des Glücks erfasste die beiden.

Doch die Expedition hat drastische Folgen: Nicht nur erleiden die beiden Gipfelstürmer schwerste Erfrierungen, es kommt außerdem zu einem Skandal, weil die beiden Männer unabgesprochen bereits weitergegangen waren, bevor ein weiterer italienischer Kamerad und ein pakistanischer Hochträger mit zusätzlichen Sauerstoffflaschen nachkamen. Die beiden überlebten eine Nacht in Sturm und Schnee. Gänzlich geklärt wurde die Sache nie.

Die Beschreibungen der einzelnen Expeditionen sind äußerst detailreich. Fast hat man das Gefühl, jeden Atemzug der erschöpften Bergsteigerinnen und Bergsteiger zu hören, den eisigen Wind im Gesicht zu spüren, das Gewicht der Beine, die bei jedem Schritt schwerer zu werden scheinen. Gerade noch ist der Himmel blau, dann tobt der Sturm. In der sogenannten Todeszone oberhalb von 8.000 Meter herrschen Verzweiflung und Lethargie. Die Ausrüstung wird zwar über die Jahre immer besser – dennoch kommt es auch fünfzig Jahre nach der Erstbesteigung zu tragischen Ereignissen.

Zitat: Elf tote Bergsteiger binnen 36 Stunden, sechs Schwerverletzte mit massiven Erfrierungen, Höhenkrankheiten und gefährlichen Erschöpfungszuständen – diese beiden Tage im Sommer 2008 gingen in die Historie des Höhenbergsteigens ein. Danach bestieg zwei Sommer lang niemand mehr den Gipfel des K2. 

Die erste, die danach wieder ganz oben steht, ist die Oberösterreicherin Gerlinde Kaltenbrunner. Ihre Geschichte wird hier genauso erzählt wie die vieler anderer. Die Elite des Weltbergsteigens, so nennt es Hans Kammerlander, war auf diesem Berg. Ein Spaziergang ist die Besteigung auch heute nicht. Hans Kammerlander merkt in einem seiner Texte an:

Zitat: Damals waren das noch Expeditionen ins Ungewisse. Die heutigen Unternehmen, durchgeplant und mit unglaublichem Komfort wie Kaffeemaschinen, richtigen Betten, Handy, Laptop und WLAN ausgestattet, sind das nicht mehr. Das muss man nüchtern feststellen. 

Der Bergsteigtourismus macht auch vor dem K2 nicht Halt. Im Jahr 2023 waren mehr als einhundert Menschen auf dem Gipfel. Nur eine Person starb in diesem Jahr. Doch der Tod dieses pakistanischen Trägers zeigt die Kehrseite dieser Unternehmen. Mohammad Hassan stirbt in der berüchtigten Traverse. Während sein Cousin stundenlang neben ihm ausharrt, steigen Dutzende andere Bergsteiger über sie hinweg, treten mit Steigeisen auf den Sterbenden, fordern verärgert, den Mann doch aus dem Weg zu schaffen. Fotografien zeigen die Situation eindrücklich. 

Mag der Untertitel dieses Buches „Triumphe, Tragödien und Kontroversen“ zunächst etwas reißerisch geklungen haben, relativiert sich das während der Lektüre. Der K2 ist wohl tatsächlich der härteste Berg der Welt.

Info: Hans Kammerlander und Walther Lücker „K2. Der härteste Berg der Welt. Triumphe, Tragödien und Kontroversen“, (Benevento Verlag 2024, gehört zu Red Bull Media House)